DIE FILMEMACHER

Die beiden österreichischen Filmemacher und SURVIVING GUSEN Co-Regisseure  Johannes Pröll (links) und Gerald Harringer (rechts) leben unweit der ehemaligen Konzentrationslager Gusen. Über mehrere Jahre hinweg (seit 2012) interviewten sie Überlebende und gaben ihnen ein Versprechen:
dass das, was in Gusen passierte, niemals vergessen werde.

Johannes Pröll (Produktion, Regie)

Geb. 1983 in Linz, studierte er Audiovisuelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz. Gründer der BRIGHT Films GmbH mit Sitz in Linz. Seit 2010 wurden mehrere Installationen und Filme umgesetzt, sowie an Projekten als Produzent, Aufnahmeleiter und Regieassistent mitgearbeitet.

REGIESTATEMENT Pröll:

„Im Jahr 2013 lernte ich Karl Littner, Überlebender des Konzentrationslager Gusen II, in seinem Haus in Los Angeles kennen. Leider ist er inzwischen verstorben. Nachdem nun bald die letzten Zeitzeugen tot sind, sehe ich es umso mehr als unsere Aufgabe, die Erinnerung an Geschehnisse in der Zeit des NS-Terrors in Österreich am Leben zu halten, gerade in Linz und Umgebung, wo die Lager Mauthausen und Gusen ein besonders grauenhaftes Gesicht des Nationalsozialismus zeigten. Es sind aber nicht die genannten Konzentrationslager für sich alleine, sondern das ganze Netzwerk an organisiertem Transport, der Versklavung, Ausbeutung und Vernichtung, das in unserem Film eine Rolle spielt. SURVIVING GUSEN sucht eine Verortung der damaligen Tatorte in der gegenwärtigen Situation. Dabei gehen wir einen zurückhaltenden, distanzierten Weg und lassen die Zuseher die Phänomene der paradoxen Überlagerung von Gegenwart (z.B. das Jourhaus des KZ Gusen I als bewohnte Villa oder die Siedlungshäuser über den Standorten der ehemaligen KZ-Barracken) und NS-Vergangenheit selbst auf sie wirken. Als Vorbild dieser Form der Montage diente uns u.a. der sehr beeindruckende „Audioweg Gusen“. Was in unserem Dokumentarfilm darüber hinaus besonders hervorzuheben ist, ist das Thema Deportation entlang der Summerauerbahn. Ein trauriges Kapitel, dem in allen bisherigen Dokus über Mauthausen und Gusen kaum Beachtung geschenkt wurde. Wenn man die autobiografischen Berichte des Karl Littner zu seiner schrecklichen Erfahrung der Deportation durchs Mühlviertel liest, erkennt man wie unterrepräsentiert dieses Thema ist. Wir widmen diesem ein ganzes Kapitel.“

Gerald Harringer (Buch, Regie)

Geb. 1962 in Linz, studierte er an der Kunstuniversität in Linz und absolvierte anschließend ein Post- Graduate-Studium für Film und Video am Central Saint Martins College of Art & Design in London. Er war 1993/94 Media Associate im Videoarchiv von The Kitchen in New York und gehört zu den Mit­begründern der Linzer Künstlerkooperative und Kommunikations­agentur Die Fabrikanten (seit 1990). Er ist freischaffender Filmemacher (harringer.net).

REGIESTATEMENT Harringer:

„Die visuelle und akustische Erzählweise von SURVIVING GUSEN soll bewusst auch unsere emotionale Wahrnehmung berühren, wissend, dass sich viele dieser realen Ereignisse aus dem Jahr 1945 einer rationalen Beschreibung durch Worte entziehen möchten. Die Perspektiven auf die gezeigten Schauplätze und Tatorte sind zum Teil abstrakt und distanziert, der Ton raumfüllend, nahe und gegenwärtig. In den dystopischen, an Dantes Inferno erinnernden Geschichten, die sich collagenhaft durch den Film ziehen, finden sich aber immer wieder auch hoffnungsgebende Elemente, die etwas über das Mensch-Sein erzählen. Ohne diese kleinen Gesten der Hilfe und Menschlichkeit wäre das Überleben – in letzter Konsequenz – wohl wert- und sinnlos.

Im ersten Kapitel erfahren wir, wie unglaublich grauenvoll die Deportationen ins Lager Mauthausen und Gusen im Winter 1944/45 entlang der Mühlviertler Summerauerbahn gewesen sein mussten. Parallel dazu hören wir die Stimme einer Sprecherin, die aus regionalen Chroniken und Briefen liest. Im autobiografischen Bericht des ehem. KZ-Häftlings Karl Littner tun sich für den Zuhörer Abgründe auf.

Eine Drohnenkamera aus großer Distanz, sowie eine zentralperspektivische Perspektive auf die Bahngleise lässt uns währenddessen auf die verschneite Bahnstrecke der Summerauerbahn blicken. Wir erfahren in den Berichten von Zeitzeugen und Chronisten, was Menschen während der NS-Herrschaft Unmenschliches zu erdulden hatten und dass das Überleben oft nur durch Hilfe anderer Menschen möglich war.

Im zweiten Kapitel kreist alles um das ehemalige Konzentrationslager Gusen. Es wird das Geschehen einerseits noch stärker als in Kapitel 1 verortet (KZ Gusen, Jourhaus) und andererseits das Thema Überleben durch Hilfe vertieft. Im Interview mit Stanislaw Leszczynski erfahren wir, wie lebensnotwendig die Hilfe von Kameraden für KZ-Insassen war, wie scheinbar kleine aber mutige Entscheidungen einzelner Menschen das Überleben anderer ermöglichte.

Im dritten Kapitel spricht KZ-Überlebender Dušan Stefancic (im Rahmen eines Gespräches mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen) über die Fahrt mit der Schleppbahn von Gusen II in die Bergkristall-Stollen und über den Mut, den er dennoch nie verloren hat.

Im vierten Kapitel wird chronologisch und aus verschiedenen Perspektiven die Befreiung (am 5. Mai 1945) geschildert. Wir erfahren auch wie Karl Littner nach vielen Jahren erstmals nach Gusen zurückgekommen ist und sehen den Überlebenden in seiner neuen Heimat L.A.

Mein Vater war Feldwebel in der deutschen Wehrmacht und wie so viele, ein Anhänger des NS-Systems. Er starb als ich 15 Jahre alt war und ich konnte ihn nie zu seiner Rolle im 2. Weltkrieg befragen.

Ich hoffe das SURVIVING GUSEN einen Beitrag zur Erinnerungskultur leistet, zu Geschehnissen, die niemals vergessen werden dürfen.“

Wolfgang Dorninger (Sound, Musik)

Geb. 1960 in Linz, studierte an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien bei Peter Weibel. Der Klang steht im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit von Wolfgang (Künstlername „Fadi“) Dorninger, ganz gleich, ob als Betreiber des experimentellen Musiklabels base, als Performer, Komponist von Theater- und Filmmusik oder für Musikgruppen, Sounddesigner, Klangkünstler oder Lektor an der Kunstuniversität Linz. Seine Anordnungen reichen von konzertanten Raum-Klang-Installationen, multimedialen Performances und akustischen Präsentationen bis zu Theatermusik und Techno (dorninger.servus.at).